An einem regnerischen Berliner Sommertag habe ich Kaja zum ersten Mal getroffen.
Wir hatten uns über den Feminist Food Club im Internet kennengelernt und gleich einen Termin vereinbart um die Vorbereitung der Fotos für diesen Artikel zu besprechen. Kaja arbeitet seit drei Jahren als selbständige Köchin, Food-Fotografin und seit Dezember 2017 auch für ihre eigene Teemanufaktur: Zlata Žlica (goldener Löffel). Ende Dezember 2017 ist sie nach Berlin gezogen, um neue persönliche und berufliche Erfahrungen zu sammeln. „In den letzten fünf Jahren habe ich meine Komfortzone verlassen – Berlin ist eine dieser Lebensentscheidungen. In diesen Situationen fängst du an zu verstehen, wie du dich selbst siehst und wie du die Welt betrachtest.“ – sagt Kaja.
In einem E-Mail Interview hat sie mir ihre Story für frauchefkoch erzählt.
Interview mit Kaja Pogačar
Wie bist du Chefköchin geworden? Bitte erzähle mir deine Geschichte.
Seit ich klein war, habe ich gespürt, dass etwas in der Küche zu schaffen magisch ist. Vor allem, wenn ich meiner Urgroßmutter zusah, die mit äußerster Sorgfalt und Liebe Essen für ihre Lieben zubereitete.
Ich beendete das Studium der Fotografie und später der Medien- und Kommunikationswissenschaften, aber selbst während meiner Ausbildung und Jahrzehnten in der Medienbranche hatte ich immer die Sehnsucht zu kochen. Ich glaubte fest daran, dass ich den Menschen damit mehr bieten könne. Vor ein paar Jahren machte ich mich auf den Weg, den ich seit jeher gespürt habe und den ich “Liebesspritzer” nenne.
„Im täglichen Kochen engagiere ich mich mit ganzem Herzen, mit Liebe, Leidenschaft und Respekt für die Natur.“
Das Lernen war intensiv und die meiste Zeit verbrachte ich damit, so viel Wissen wie möglich anzusammeln. In meiner Arbeit kombiniere ich Wissen aus der Fotografie, der Kommunikationswissenschaft, Führungsqualitäten, Leben und auch meditative Techniken. Im täglichen Kochen engagiere ich mich mit ganzem Herzen, mit Liebe, Leidenschaft und Respekt für die Natur.
Beschreibe deine Küche mit eigenen Worten. Warum hast du dich auf diese Küche spezialisiert? Wie ist deine Herangehensweise an deine Küche und beim Kochen?
Das Essen, das ich kreiere, ist farbenfroh, lebendig, mit intensiven und reichen Aromen, aber gleichzeitig auch leicht. Man kann darin jede Zutat schmecken. Ich wähle soweit wie möglich nur die hochwertigsten ökologischen, bewährten, saisonalen und lokalen Produkte. Weil ich gerne reise, kombiniere ich meine Küche mit unterschiedlichen Geschmacksrichtungen und meistens verwende ich frische Kräuter und Gewürze. Wie im Leben verfolge ich den ganzheitlichen Ansatz auch in meiner Küche. Ich liebe es zu backen, Desserts zu machen und neue Rezepte zu kreieren. Das ist meine Leidenschaft.
Während sich Natur und Erde verändern, sind wir jeden Tag gefordert, diesen Veränderungen zu folgen. Alte Strukturen fordern mehr denn je eine Neuerfindung. Wie fühle ich mich sicher, beschützt und stabil? Wie verhalte ich mich liebevoll und fürsorglich in einer Welt, die sich so unsicher und instabil anfühlt? Achtsamkeit ist die Antwort. Körper, Geist und Herz in Einklang zu bringen.
Ich entdeckte meine neueste Leidenschaft, die Kräuter und Tees, also brachte ich letzten Dezember die ersten drei Tees – einen grünen, eine roten und einen violetten – unter dem Namen Zlata Žlica (dt. Goldener Löffel) auf den Markt. So unterstütze ich die tägliche Arbeit von Menschen auf ihren Feldern. Die Kräuter werden sorgfältig von lokalen slowenischen Bauernhöfen ausgewählt.
„Ich liebe es zu backen, Desserts zu machen und neue Rezepte zu kreieren. Das ist meine Leidenschaft.“
Wie ist die Geschlechteraufteilung in der Berliner Gastroszene aus deiner Sicht?
Ich habe wenig Erfahrung mit der Berliner Gastronomieszene, aber wie ich gesehen habe, dominieren in kleinen Küchen, Cafés und Bistros überwiegend Frauen. Aber ich kenne eine Küchenchefin, die ein ganzes Frauenteam leitet und ein Gourmetrestaurant hat, wo die Sous-Chefin eine Frau ist. Außerdem war eine meiner ersten Küchenerfahrungen in Berlin bei einer Chefköchin.
Hast du Erfahrungen außerhalb Berlins in der Gastronomie gesammelt?
Die meisten meiner gastronomischen Erfahrungen habe ich außerhalb Berlins gesammelt.
Wie war die Geschlechteraufteilung außerhalb Berlins?
Ich denke, im Allgemeinen gibt es mehr Männer in der Gastronomie als Frauen, aber es gibt viel mehr Frauen in diesem Bereich als es die Medien zeigen, wo die meiste Aufmerksamkeit Köchen und schicken Restaurants geschenkt wird.
Wie vielen Chefköchinnen bist du in deiner Laufbahn begegnet?
Wenn ich richtig gezählt habe, waren es 9.
Was denkst du: Gibt es mehr oder weniger Frauen in dieser Position in Vergleich zu den Männern, die als Chefkoch arbeiten? Und woran könnte es deiner Meinung nach liegen?
In der gehobenen Küche gibt es weniger weibliche Chefs, speziell in all diesen Restaurants, die als „das Beste“ angeboten werden. Aber in Cafés und Bistros gibt es viel mehr weibliche Chefs. Kochen ist gerade populär und dieses „jeder spricht überall über Essen“ hat diesen Beruf in gewisser Weise romantisiert und idealisiert. Die Realität ist ganz anders. Eine Chef-Position zu besetzen, bedeutet einen großen Zeitaufwand, ein hohes Maß an Disziplin, lange Arbeitszeiten, Arbeiten unter konstantem Druck und viele Opfer, die man bringen muss. Du widmest dein Leben der Küche, dem Team und den Gästen. Wo sind Zeit und Ort für dich, deine Familie und Freunde? Wie viele Menschen sind dazu bereit?
Ich denke, wir sollten uns die Geschichte der Gesellschaft und der Medien anschauen – da ist die Antwort.
Wie viele der Chefköchinnen werden in den Medien vorgestellt im Vergleich zu den männlichen Mitstreitern? (bitte denkt an Print, Radio, TV)
Große Geschichten verkaufen sich. Ich kann sie an einer Hand abzählen.
Gibt es da eine realistische Darstellung? Was denkst du darüber?
Seit wann sind Medien Vertreter einer realistischen Darstellung der Welt – gerade heutzutage?
Wer inspiriert dich in deiner Tätigkeit als Chefköchin? Hast du Vorbilder/Idole? Nenne, wenn möglich, bitte drei.
Leben und Erfahrungen inspirieren mich. Das gehört auch, wo ich meine beruflichen Erfahrungen sammle – bei Ana Roš, Bine Volčič, Uroš Štefelin, usw. Wo auch immer ich arbeite, lerne ich, wie man ein besserer Mensch, eine bessere Führungsperson und Küchenchef wird. Für mich gibt es zwei Möglichkeiten, wie Essen geschaffen werden kann. Zum einen ist Essen ein Ausdruck eines bestimmten Moments und einer bestimmten Zeit, Ausdruck deiner Gedanken und Gefühle während des Schaffensprozesses mit denen du dich ausdrückst. Aber wenn man für Menschen etwas schafft, hat man einen großen Einfluss auf die Gesellschaft und eine Verantwortung für sie. Du kannst Veränderungen erreichen. Aber wo fängst du an? Wenn du die Welt verändern willst, beginnt Veränderung bei dir.
Wer sind die besseren Chefköche: Frauen oder Männer?
Die Antwort ist nicht geschlechtsbasiert. Derjenige mit der größten Leidenschaft und dem größten Talent.
Antworten aus einem E-Mail Interview mit Kaja Pogačar. Der vorliegende Text ist eine Übersetzung aus dem Englischen, der Originaltext der Antworten stammt von Kaja Pogačar.
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